dante gymnasium münchen - abiturjahrgang 1985

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Anstaltsleiter, liebe Insassen!

Wir haben uns heute hier versammelt, um die langersehnte Entlassung aus diesem Hause zu feiern. Nach 9, 10, teilweise auch 11 Jahren verlassen wir als mündige Bürger diese Lehranstalt in dem beruhigenden Bewußtsein, für unser kommendes Leben auf's Beste gerüstet zu sein.

Wir haben beispielsweise gelernt, daß Behinderte ganz normale Menschen sind, obwohl die Schulleitung diesbezüglich seit der fünften Klasse Steine in den Weg gelegt hat. So könnte man fast meinen, daß bei uns nicht die Behinderten integriert werden, sondern die Integration behindert wird. Ein Exempel für solch einen Stolperstein sind die fehlenden Maßnahmen der Schulleitung, als die Behindertentaxen von der Stadt durch einen Sammelbus ersetzt werden sollten, der den Behinderten 2-3 stündige Anfahrtswege beschert hätte. Allein die Initiative der Taxifahrer und der Eltern hat dies zu verhindern' gewußt. Daß die Behinderten trotz der Pausenordnung, die sie vom Lichthof fernhielt, nicht nur mit ihren Betreuern in Kontakt kamen, sondern sich dennoch mit ihren Klassenkameraden anfreundeten, ist der Verdienst von Frau Schwarzbauer, der dafür das Bundesschulverdienstkreuz gebühren würde.

Nach 15- jährigem Bestehen dieser Anstalt sollte als weitere Besonderheit die zentrale Erprobung audiovisueller Medien im Unterricht gewürdigt werden: Die optimale Nutzung der mannigfaltig vorhandenen technischen Möglichkeiten wird aber leider durch mangelhafte Unterweisung der Lehrkräfte im Umgang mit dem Gerätepark sowie durch fehlende Vorbereitungsstunden erfolgreich verhindert.

Womit wurden wir noch konfrontiert? Die Bildung von Kursen in der 12. und 13. Jahrgangsstufe, der Kollegstufe, ermöglichte entgegen allgemeinen Vermutungen ein besseres Kennenlernen der Klassen jeweils untereinander. Glücklicherweise kamen wir noch in den Genuß der alten Schulordnung, die uns eine freiere Fächerwahl und schülerfreundlichere Punktehürden zugestand. Obwohl der Dschungel des gesamten Systems der Kollegstufe für uns Normalschüler schwer durchschaubar ist, führte uns mit meist sicherer Hand unser Kollegstufenbetreuer Herr Hierl ans Ziel, dem an dieser Stelle dafür herzlich gedankt sei.

Eine alte Tradition gebietet es seit jeher, zum Schulabschluß eine Klassenfahrt zu unternehmen, die bei uns allerdings in die 11. Jahrgangsstufe vorverlegt wurde. Die Freude über den gelungenen Aufenthalt in der schönen Renaissance-Stadt Florenz wurde jedoch von den Reaktionen des Direktorats auf eine Geburtstagsfeier, bei der auch mit alkoholischen Getränken trotz eines Verbots angestoßen wurde, geschmälert. Wer im folgenden Einzelverhör auf die fröhliche Frage " Na, auch mitgenuckelt?''- Zitat Ende mit ja antwortete, erhielt einen verschärften- Verweis, wobei uns seitens der Schulleitung mitgeteilt wurde, daß uns noch rigorosere Maßnahmen wie Aussperrung von der Kollegstufe und Streichung aller Wandertage erspart blieben.

ln bester Erinnerung werden uns auch die zahlreichen Schulveranstaltungen bleiben, wie die erfolgreichen Theateraufführungen, das Schulfest und der Weihnachtsbazar, der sich letztes Jahr in einer wundersamen Metamorphose über das Zwischenstadium eines Osterfestes zum Frühlingsfest mauserte. Besonders die Theateraufführungen waren immer ein Genuß, obwohl die Probenarbeiten oft bis spät in die Nacht oder am Wochenende erfolgen mussten, um die Mitwirkenden nicht an der Teilnahme am Unterricht zu hindern. Beim Schlussapplaus war Herr Dr. Bergmann immer so freundlich, das Lob für die schauspielerischen Leistungen entgegenzunehmen.

Fehlen werden uns auch seine allmorgendlichen Durchsagen, bei denen er in seiner sprachlich ausgefeilten Form eines Germanisten im Umgang mit Stilfiguren wie Anapher – Beginn mehrerer Teilsätze mit dem gleichen Wort „ääh“ -, Variatio – abwechselnder Gebrauch der sinngemäß ähnlichen Wörter wie „äh“, „ehem“ oder „öh“ – und Ellipse - Auslassung eines nicht unbedingt nötigen Wortes, zum Beispiel des Subjekts oder des Prädikats eines Satzes oder beider - jede Deutschlehrkraft mit Hochachtung und Ehrfurcht erfüllt. Aber mir ist natürlich klar, dass es Herr Dr. Bergmann hier mit Heinrich von Kleist hält, der sagt: " Wenn eine Vorstellung verworren ausgedrückt wird, so folgt der Schluß noch gar nicht, daß sie auch verworren gedacht worden sei; vielmehr könnte es leicht sein, daß die verworrenst ausgedrückten gerade am deutlichsten gedacht werden.“

Schließlich möchte ich mich im Namen aller Kollegiaten bei den übrigen Lehrern bedanken, allen voran bei Herrn Vogel, der in seiner Akribie selbst Verspätungen von null Minuten zu bemängeln wußte. Seine Eigenschaft als Türsteher vermittelte und fast das Gefühl, nicht das Dante – Gymnasium, sondern eine Münchner Nobeldiskothek zu besuchen. Wir danken auch Herrn Dr. Landshammer, der leider nicht anwesend sein kann, für sein langjähriges persönliches Engagement insbesondere für die Schauspielgruppe. Das Frau Pötke und Herr Göpfert diese Aufgabe erfolgreich übernommen haben, sei auch ihnen gedankt.

Doch nicht nur die Lehrer haben Lob verdient: Erwähnt sei hier Herr Beilhardt, der nach langem Dienst von Herrn Reinhardt abgelöst wurde. Wir bedanken uns auch beim Technik-Chef Herrn Kempf, der nicht nur in der Videozentrale eine angenehme Athmosphäre schuf, und bei seinem Nachfolger Herrn Forster, wenn er uns auch mit einem etwas unscharfen Abiturphoto verabschiedete.

Und was bleibt? Es wurden viele persönliche Kontakte während der Schulzeit geknüpft, wobei es jetzt uns obliegt, diese Freundschaften weiterhin zu pflegen. Man könnte auch noch viel Kritik an den Lehrinhalten üben, doch soll das an dieser Stelle unterbleiben - das meiste ist ja wohl schon vergessen. Und vielleicht bewahrheitet sich aus den guten und schlechten -Erfahrungen unserer Schulzeit heraus der Satz Senecas: "non scholae, sed vitae discimus“